Bild: B.Schär
König Langsamkeit – vom Verweilenkönnen
Wann hast Du Dir das letzte Mal bewusst Langsamkeit gegönnt – oder eine Verweilpause, ein Innehalten in einem Moment, der die Zeit anhält oder zumindest den Augenblick zu einer kleinen Ewigkeit ausdehnt?
Nicht umsonst heisst es «Langsam, es pressiert» - gerade wenn’s drauf ankommt – tun wir gut daran Geschwindigkeit rauszunehmen. Den Fokus zu schärfen, die Schritte bedacht, jedoch zielgerichtet, stetig und entschieden zu setzten und vorwärts zu gehen.
Die Langsamkeit schenkt das Entdecken von Momenten und Zuständen, welche in der Schnelligkeit, der Hetze untergehen, welche jedoch das Potential bergen uns Momente des Glücks, der Ruhe und des Auftankens zu schenken.
So wie das Innehalten, um eine Katze zu streicheln, bis sie einem schnurrend um die Beine streicht.
Oder wenn die Geduld, bei der Hege und Pflege eines Gartens mit der Pracht und Farbenexplosion des Wachsens und Blühens belohnt wird und wir diesen Anblick einfach in Ruhe geniessen.
Das strahlende Lächeln eines Kindes, welches selbstvergessen die Schönheit einer Schnecke bestaunt, die in ihrem Tempo den Weg des Kindes kreuzt.
Oder das unbeschreibliche Gefühl, wenn wir den ziehenden Wolken nachträumen, vielleicht mit der Wärme der ersten Sonnenstrahlen auf der Haut.
Das Verweilen in einem Augenblick, ganz im Hier und im Jetzt, welcher Dein Herz zum Hüpfen bringt oder macht, dass es ganz kraftvoll und ruhig schlägt; das erdet, das macht stark.
Oder um es mit den Worten von Armin Bertges in der Fabel vom Hasen und der Schnecke zu sagen: «Denn merke: die Schnecke hat die Langsamkeit nicht als Schicksal zugeteilt bekommen, sondern sie hat die Langsamkeit gewählt, damit sie mehr Zeit hat die Welt ein wenig genauer zu betrachten» und dabei geht ihr das Herz auf.
«In der Ruhe liegt die Kraft» - Konfuzius - dann nimm Dir nun doch auch die Zeit und Musse die ganze Geschichte zu lesen:
Die Fabel vom Hasen und der Schnecke - von Armin Bertges (Netzfund):
Der Hase befand sich im Wettstreit mit der Schnecke, wer mehr von der Welt sieht.
„Du bist so langsam. Was siehst du schon von der Welt“, befand der Hase.
„Ach, mir reicht es“, entgegnete die Schnecke. „Ich sehe schon genug.“
„Das kann gar nicht sein. Ich will dir von der Welt berichten“, sagte der Hase und lief so schnell und weit wie er konnte. Dann kehrte er zurück und berichtete der Schnecke von der Welt der großen Zweibeiner. Die bewegten sich in bunten Metallkästen fort. Manchmal auf einem langen Band, dass die Landschaft verschandelte. Die großen Zweibeiner nannten dies Autobahn. Das konnte die Schnecke kaum glauben.
„Und du, was hast du heute gemacht?“ fragte der Hase die Schnecke.
„Ich habe einen Marienkäfer betrachtet“, sagte die Schnecke. „Er saß auf einer Blume und hob den rechten Flügel, um sich zu putzen….“.
„Und dann“ fragte der Hase. „und dann…“
„Und dann“ sagte die Schnecke, „ hob er den linken Flügel, um sich zu putzen.“
„Und dann“ fragte der Hase. „und dann…“
„Das war es“, sagte die Schnecke. „Ich habe heute den Marienkäfer betrachtet, wie er sich putzte.“
„Das nennst du, die Welt sehen“, entrüstete sich der Hase.
„Ja“, sagte die Schnecke, „denn weißt du, der Marienkäfer war so anmutig, das mir das Herz auf ging.“
Das konnte der Hase nicht verstehen und so lief er immer weitere Strecken und berichtete von immer seltsameren Begebenheiten, damit die Schnecke die Welt begreife
Eines Tages erzählte der Hase wieder von merkwürdigen Dingen aus der Welt der großen Zweibeiner. So wohnten sie angeblich umgeben von Stein und nannten das Haus. Und abends ging dort Licht an. Die Schnecke wunderte sich, wo die Zweibeiner die Unmengen von Glühwürmchen herbekamen, um ihre Häuser zu beleuchten, fand aber dass das nicht ihr Problem sei.
„Was hast du denn heute gemacht“, fragte der Hase.
„Oh, ich habe eine Rose betrachtet“, berichtete die Schnecke. „Der Blütenkelch war heute Morgen noch halb geschlossen und da heute die Sonne schien, ging er langsam auf. Da entströmte der Rose so ein wohliger Geruch….“
„Ja, ich weiß“, sagte er Hase, „da ging dir das Herz auf.“
„Genau“, bemerkte die Schnecke und betrachtete den Hasen wohlwollend. Sollte er etwa lernen, zu verstehen.
Mitnichten!!
„Das nenne ich nicht die Welt sehen“ rief der Hase anklagend aus, drehte sich um und wollte wieder in die Welt hinauslaufen. Da fiel er über einen kleinen Stein, der am Wegesrand lag, und schlug so heftig mit dem Knie auf, dass er bewegungslos da lag.
Langsam kroch die Schnecke am verletzten Hasen vorbei und bemerkte nur: „Diesen Stein hätte ich wohl gesehen.“ Da begriff der Hase langsam, worum es der Schnecke ging.
Denn merke: die Schnecke hat die Langsamkeit nicht als Schicksal zugeteilt bekommen, sondern sie hat die Langsamkeit gewählt, damit sie mehr Zeit hat die Welt ein wenig genauer zu betrachten.
Beim Rennen und Eilen navigieren wir zusehends blind, siehe Meister Hase, dabei ist ein geprelltes Knie gerade noch ein vergleichsweise milder Schaden, er hätte ja auch unter einen der Metallkästen geraten können…
Sehend und achtsam unterwegs, sind wir fokussierter, geerdeter, gelassener und glücklicher, was zu mehr Zuversicht führt. Eine zuversichtliche Einstellung unterstützt unser Wohlbefinden und unser Immunsystem, also unsere Gesundheit. Sind wir gesund, sind wir effizient und somit höchst ökonomisch unterwegs – trotz oder eben gerade wegen der Langsamkeit!
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