Bild: B. Schär
- von der Wahlfreiheit
Nein, das wird keine Flammenrede über das 50jährige Bestehen des Frauenstimmrechtes in der Schweiz. Es sind Gedanken über die Möglichkeit die Entscheiderin, die Taktgeberin im eigenen Leben zu sein, welche vielleicht auch im einen oder anderen Herzen einen Funken entfachen.
Denn für mich etwas überraschend, habe ich festgestellt, dass ich trotz meines reichhaltigen Lebensweges und den mannigfaltigen Erfahrungen, so und so oft nicht standfest genug bin, mich für mich zu entscheiden, mich für mich wählen zu lassen. Noch viel zu oft torpediere ich mich, mit selbst auferlegten Vorgaben im Stil «die ‘Meisterin in der Disziplin x’ macht das so und so, wenn ich da mithalten will, dann muss ich genauso. sonst…», «der ‘Meister in der Disziplin y’ hat da eine interessante Ansage gemacht, da muss ich mitmachen, sonst….», «alle sind jetzt auf Clubhouse, ich muss da auch teilnehmen, sonst….»
Ja was denn SONST? Dieser Frage nachgehend, tun sich Abgründe auf, fühlt es sich an wie «Bist Du weg vom Fenster!», «Bist Du nicht mehr interessant!», «Fällst Du aus der Gruppe!», «Bist Du schlecht!», «Überlebst Du das nicht!», «Verlierst Du Zuwendung und Liebe», «Kommst Du um!»- wie BITTE? Ja, richtig «KOMMST DU UM».
Meine Kleine, die kleine Barbara, die bekommt bei solchen Themen offensichtlich voll die Panik. Dies vertiefend, weitere Untiefen, die Erfahrungen «Wenn ich mich für mich entscheide, dann komme ich um!», «Ich überlebe nur, wenn ich mich aufgebe, wenn ich den Schmerz und die Schuldgefühle übernehme, welchen ich ausgeliefert bin.» Schmerz und Schuld, resultierend aus einem versuchten aber misslungenen Abtreibungsversuch an mir im Mutterleib.
Auch ohne Abtreibungshorror, Realität für jeden Embryo & Säugling, ja für jedes Kind ist - ohne die Zuwendung und Fürsorge von erwachsenen Bezugspersonen, kein Überleben. Es muss alles, aber wirklich alles getan werden, um das Überleben zu sichern, ohne Rücksicht auf Verluste. Die eigenen Bedürfnisse, Ängste, Gefühle sind irrelevant, werden unterdrückt und nicht mehr wahrgenommen, sie hindern ja das Überleben.
Dies hat sich offensichtlich so tief eingegraben, dass dasselbe Programm auch heute noch im Zweifelsfalle anspringt. Immer dann, wenn ich nicht ganz meiner Selbst sicher bin und dann im Aussen versuche «mich zugehörig zu fühlen», «anerkannt zu werden», «es gut zu machen» usw.
Solange ich mir dieser «Programmierung» nicht bewusst bin, reagiere ich entsprechend, verbiege mich so gut es eben geht in alle möglichen Richtungen, von welchen ich annehme, dass ich sie einschlagen muss, um in ‘Verbindung’ zu kommen. Ich renne vom einen zum anderen, überfordere mich mit meinen Perfektionsansprüchen, werde dauermüde und mein Rücken schmerzt bereits seit geraumer Zeit ohne dass ich Notiz davon nehme. Es ist keine Frage des Intellektes oder der Logik – ich agiere aus dem Empfinden meiner Kleinen raus, aus dem Überlebensprogramm, da hat es gar keinen Platz für logische Überlegungen, da wird der Kopf schlicht überschrien – schlichtes Reagieren um zu Überleben ist angesagt, wenn der letzte Tropfen an «Du musst noch….» mein Systemfass zum Überlaufen gebracht hat.
Dass dem so ist, erkenne ich auch in diesem Moment des Niederschreibens: Mein Puls geht hoch, das Herz klopft bis in den Hals, die Kehle wird eng, meine Körperspannung fällt völlig in sich zusammen, die Knie und Hände schlottern. Puh – wahrlich kein prickelndes Gefühl – im Gegenteil, angsteinflössend, kräftezehrend, bodenlos, ohnmächtig.
Die meiste Zeit bis heute, habe ich mich für diese Zustände richtiggehend verdammt. Konnte nichts anfangen damit, wollte sie nicht und befand mich deshalb für schlecht und schuldig. Habe mich so noch und noch überfordert, noch und noch regelrecht über meine Bedürfnisse, meine Gefühle ‘drüber gebügelt’. Fühlen ist / war ja nicht so meins – führte im besten Fall zu ‘Nichts’, im schlechtesten Fall in schmerzende, angsteinflössende Abgründe; lieber übernimmt der Kopf also die Führung mit blitzschnellen logischen Aussagen und Forderungen….
Dies ist keine Klage, kein Jammern über mein Schicksal, vielmehr ein Versuch in Worte zu fassen, was so ABGEHT bei mir. Diese MEINE Programme haben mich zu dieser Person, die ich bin, gemacht und mich an diesen Punkt, an dem ich nun stehe, gebracht, wofür ich sehr sehr dankbar bin.
So stehe ich also hier und kann die Kleine in den Arm oder an die Hand nehmen, anerkennen, dass es damals so war, dass sie keine Wahl hatte und ihr versichern «Heute ist es anders, ich bin frei zu wählen!», «Ich bin frei zu spüren was jetzt ansteht und dies zu wählen!»
Heute bin ich frei zu wählen, bin ich die Taktgeberin, die Entscheiderin in meinem Leben und ich entscheide mich für MICH!
Ich ergreife Besitz von meinem Leben, meiner Geschichte, anerkenne was war, bin dankbar für die Entwicklung und bin frei, mich für das HIER und JETZT zu entscheiden, denn die WAHLFREIHEIT ist MEIN.
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